Frankfurt/Main/Berlin, 27. April 2017 Rabiat ging es zu im United-Flieger – ein Passagier wurde jüngst gewaltsam aus einer überbuchten Maschine gezerrt, brüllte und wehrte sich nach Kräften. Doch ein solches Szenario wird bei überbuchten Flügen wohl die Ausnahme bleiben. Vor einigen Wochen sorgte United Airlines für ordentlich Wirbel. Die Airline ließ einen Passagier sehr unsanft […]

Frankfurt/Main/Berlin, 27. April 2017

Rabiat ging es zu im United-Flieger – ein Passagier wurde jüngst gewaltsam aus einer überbuchten Maschine gezerrt, brüllte und wehrte sich nach Kräften. Doch ein solches Szenario wird bei überbuchten Flügen wohl die Ausnahme bleiben.

Vor einigen Wochen sorgte United Airlines für ordentlich Wirbel. Die Airline ließ einen Passagier sehr unsanft aus einem überbuchten Flieger ziehen. Jetzt will das US-Unternehmen die Wogen glätten und Fluggästen, die auf überbuchten Flügen freiwillig auf ihren Sitz verzichten, künftig bis zu 10 000 Dollar (9160 Euro) zahlen. Welche Rechte haben Reisende – und wie wahrscheinlich ist es überhaupt, unfreiwillig am Boden zu blieben? Wichtige Fragen und Antworten:

Warum verkaufen Fluggesellschaften zu viele Tickets?

Da erfahrungsgemäß nicht alle Passagiere erscheinen, sei es gängige Praxis, mehr Tickets zu verkaufen als Plätze vorhanden sind, sagt Carola Scheffler, Sprecherin des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Aus ökonomischer und ökologischer Sicht sei dies sinnvoll. Insbesondere Geschäftsreisende buchten oft mehrere Heimflüge. Bei Ferienfliegern und Messen werde hingegen nicht oder weniger überbucht. Grund: Touristen nutzen in der Regel ihr Ticket.

Wie oft kommen Überbuchungen überhaupt vor?

Nach Angaben von Lufthansa-Sprecher Helmut Tolksdorf treten bei dem Unternehmen etwa 3 Millionen von weltweit 62 Millionen Passagieren pro Jahr ihren gebuchten Flug nicht an. Nur 0,04 Prozent der Reisenden könnten aufgrund einer Überbuchung nicht mitfliegen.

Was passiert dann?

Nach EU-Recht sollen Fluggesellschaften Passagiere erstmal durch eine Gegenleistung zum freiwilligen Verzicht bewegen. Dies wird in der Praxis auch so umgesetzt. „Das Personal am Schalter kann ja absehen, ab wann es eng wird“, sagt Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. Dann fühlen sie meist im Wartebereich beim Boarding schon mal vor, wer eventuell nicht unbedingt diesen Flug nehmen muss und bereit ist, für eine Gegenleistung am Boden zu bleiben.

Was, wenn sich keiner findet?

„Am Ende des Tages trifft es meist den, der als letztes kommt“, sagt Degott. Deshalb ist es immer eine gute Idee, möglichst vorher online einzuchecken. Denn wer eine Boardkarte hat, ist in der Regel drin. Eine Situation wie bei United Airlines, wo ein Passagier den Flieger verlassen musste, obwohl er bereits drin saß, ist absolut unüblich. Denn Airlines verteilen üblicherweise nicht mehr Boardkarten als es Sitze im Flieger gibt.

Welche Rechte haben Passagiere, wenn sie bei einer Flugüberbuchung nicht mitfliegen können.

Bleiben Passagiere bei einem überbuchten Flug unfreiwillig am Boden, muss die Fluggesellschaft den Flugpreis erstatten oder einen Ersatzflug finden. Außerdem haben Reisende wegen der Nichtbeförderung einen Anspruch auf Entschädigung. Die liegt je nach Flugdistanz zwischen 250 und 600 Euro. Das ist in der EU-Fluggastrechte-Verordnung Nummer 261/2004 geregelt. Der Fluggast kann entscheiden, ob er etwa auf einen anderen Flug umgebucht werden möchte, einen Bahngutschein nutzen oder ganz von der Reise zurücktreten möchte. Bei einem Flug am nächsten Tag werden auch Hotel und Verpflegung gezahlt.

Was können Reisende tun, wenn es Probleme gibt?

Bei Komplikationen mit der Airline können sich Reisende an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (söp) wenden. Dort können Reisende zum Beispiel online eine Beschwerde aufgeben. Die söp nimmt dann Kontakt zur Fluggesellschaft auf und holt eine Stellungnahme ein, um den Sachverhalt zu klären und rechtlich zu prüfen. Schließlich unterbreitet sie einen Schlichtungsvorschlag.

Was ist, wenn Reisende eine Pauschalreise gebucht haben?

Verkürzt sich durch die Nichtbeförderung die Reisezeit, haben Urlauber durchaus Anspruch auf einen zusätzlichen finanziellen Ausgleich. «Beim Reiseveranstalter habe ich ja grundsätzlich den Reisetag bezahlt», sagt Degott. Dieses Geld sollten Reisende dann auch vom Veranstalter zurückverlangen.

Julia Naue und Simone Humml, dpa